Ein Glas Wasser
Eine Verhaltenspsychologin betritt den Hörsaal. Das Thema der Vorlesung: Umgang mit Stress. Als sie zu Demonstrationszwecken ein Glas Wasser hebt, erwarten alle Zuhörer die Frage nach dem „halb voll – halb leer Glas“. Stattdessen lächelt sie und fragt:
Verhaltenspsychologin zu Ihren Studenten
Wie schwer ist dieses Glas Wasser?
Die Antworten variierten von 200g bis 500g.
Ihre Auflösung:
Verhaltenspsychologin zu Ihren Studenten
Das absolute Gewicht dieses Wasserglases spielt keine Rolle. Viel wichtiger ist, wie lange ich es festhalte. Eine Minute ist kein Problem. Hebe ich es für eine Stunde, fängt mein Arm an zu schmerzen. Würde ich es gar den ganzen Tag tragen, würde sich mein Arm taub und gelähmt anfühlen. Das Gewicht des Glases bleibt konstant. Je länger ich es jedoch halte, desto schwerer fühlt es sich an.
Der Verfasser dieser Geschichte, die ich leicht modifizierte, ist unbekannt.
Loslassen
Mit Stress, Sorgen und Konflikten ist es genauso. Wenn Du nur ab und an daran denkst (und Probleme ignorierst), wird sich nichts ändern. Wenn Du Dich ihnen stellst (und das tut manchmal auch ein bisschen weh), findest Du die Kraft, sie zu lösen. Beschäftigst Du Dich hingegen ständig mit ihnen, fangen sie an, Dich zu paralysieren. Dann bist Du nicht mehr in der Lage, etwas zu ändern.
Mit anderen Worten: Es ist wichtig, Gedanken loszulassen. Trage sie nicht ständig mit Dir rum. Denke daran, das Glas wieder loszulassen. Du kannst es jederzeit mit neuer Kraft aufnehmen.
Leichter gesagt als getan? Hier sind meine Methoden, wie mir dies gelingt:Achtsamkeit
Die Reise durch mein Ich
Der für mich wichtigste Schritt war, meinen Körper zu spüren. Vor allem, wenn ich hoch konzentriert am Rechner saß, war ich so verkopft, dass ich Müdigkeit, den verspannten Rücken oder auch Durst und Hunger viel zu spät fühlte. Heute beginne ich meinen Tag mit einer „Reise durch mein Ich“:
Diese Übung (oder Teile daraus) mache ich inzwischen bei allen möglichen Gelegenheiten: Während einer U-Bahn- oder Zugfahrt. An der langen Supermarkt-Kasse. Wenn ich auf den Beginn eines Termines warte. Als Einstieg in die Mittagspause, bevor ich esse. Abends vor dem zu Bett gehen – zur Zeit am liebsten auf dem Balkon…
Zugegeben, anfangs fiel mir die Übung sehr schwer. Ständig wanderten die Gedanken in eine neue Richtung. Meine Synapsen spielten PingPong. Anstrengend! Es fiel mir unsäglich schwer, mich auf meinen Körper zu konzentrieren. Es war wie verhext. Oder ich bekam schreckliche Kopfschmerzen (dann abbrechen und tief durchatmen. Innerhalb von fünf Minuten mindestens 300 ml Wasser trinken.). Ruhe gönnen oder an der frischen Luft bewegen.
Mit der Zeit habe ich die entspannte „Reise durch mein Ich“ erlernt. Heute hilft sie mir, mich binnen kürzester Zeit auch in heiklen Situationen zu entspannen.
Dieses Wissen gebe ich nun auch als Moderatorin in Veranstaltungen weiter, wie beispielsweise in der Abschlussrunde vom EnjoyWorkCamp — wie im Bild oben zu sehen.
Idealerweise integrieren wir vier mal vierzig Minuten Laufen in unseren Wochenrhythmus. (Dies kann auch als Joggen interpretiert werden. Spazierengehen reicht für den Aufbau von Fitness aus.) Ich nenne es „Mit meinem Schweinehund Gassi gehen“. Je regelmäßiger und rhythmischer wir dies tun, desto leichter wird es, „ihn“ (und damit mich) vor die Tür zu bringen. Wir sehnen uns danach und müssen nicht jedes Mal mit „ihm“ diskutieren.
Wer mich kennt weiß, dass ich diese individuellen Wanderungen durch den Walk to Talk ergänze. Kennenlernen, Kontakte pflegen, Strategie-Runden und auch Konflikt-Gespräche lassen sich wunderbar bei einem gemeinsamen Spaziergang umsetzen. Sitzen ist statisch. Laufen ist dynamisch. Dies drückt sich auch in den Ge(h)sprächen aus.
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[ 2018 Franziska Köppe | madiko ]
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[ 2017 Franziska Köppe | madiko ]
Glückstagebuch
Auf die Dauer der Zeit nimmt die Seele die Farbe der Gedanken an.
Marcus Aurelius
Wissenschaftlich ausgedrückt sind die Neurotransmitter gemeint, die biochemischen Stoffe, die zwischen den Hirnzellen Informationen austauschen. Unser Gehirn hat keine festen Schubladen. Es ist nicht fix verdrahtet. Vielmehr ist es ein lebendiges Netzwerk, das sich ständig umbaut und anpasst. Ohne Serotonin werden wir depressiv. Wird Dopamin zu viel, wird es zu bunt und wir halluzinieren. Praktisch auf den Punkt gebracht:
Wie ich die Welt erlebe, hängt maßgeblich davon ab, wie ich gerade drauf bin. Die Synapsen, die Kontaktflächen zwischen den Hirnzellen, werden immer kontaktfreudiger, je öfter sie miteinander zu tun haben. Nervenzellen, die gemeinsam agieren, bekommen einen Draht zueinander – und irgendwann ist es eine Standleitung.
Dr. med. Eckart von Hirschhausen
Darin liegt Potenzial: Wir sind zwar von Erfahrungen beeinflusst und können uns nur bedingt von unserer Vergangenheit lösen. Wir haben jedoch täglich die Chance, die Dinge anders zu erleben und anders zu machen. Gewohnheiten lassen sich sanft in neue Bahnen lenken. Was anfangs nur ein kleiner Trampelpfad ist, kann so zur Schnellstraße werden – wenn wir konsequent daran arbeiten (der oben als „regelmäßig eine Stunde das Glas heben“ dargestellte Fall).
Mit Buch ins Bett
Egal wann ich abends nach Hause zurückkehre, ich brauche zirka eine Stunde, um zur Ruhe zu kommen und schlafen zu können. Da mich das Fernsehprogramm nicht mehr interessiert und ich ohnehin nur noch sehr gezielt meine Wunschsendungen und Filme anschaue, habe ich den Fernseher komplett abgeschafft. Damit gehört eine große Versuchung der Vergangenheit an.
Wie ich in meinem Artikel Unser Nachtleben: Das machen wir im Schlaf erläutere, entstehen Schlafstörungen durch das (lange, vor allem das nächtliche) Sitzen am Rechner oder vor dem Fernseher. Die lichtempfindlichen Zellen der Netzhaut verlieren vor der Flimmerkiste ihren natürlichen Rhythmus.
Ich habe es mir daher zur Gewohnheit gemacht, mit einem Buch ins Bett zu gehen. Ich lese sehr gern Romane oder auch Comics und Kurzgeschichten. Sachbücher und Fachbeiträge lese ich auch – dann beschränkt auf maximal eine Stunde. Danach noch etwas anderes. Denn mir geht es beim Lesen auch darum, in eine andere Welt abzutauchen und das Gedanken-Karussell zu verlassen.
Hier ein Duzend großartiger Bücher, die ich mit Freude in den letzten Monaten las:- Robert Seethaler „Jetzt wird’s ernst“
- Jonas Jonasson „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“
- Alexanros Stefanidis „Beim Griechen“
- Alexandre Dumas „Die Drei Musketiere“
- Walter Moers „Die Stadt der Träumenden Bücher“
- Bill Watterson „Calvin & Hobbes – Homicidal Psycho Jungle Cat“
- Elke Heidenreich & Bernd Schröder “Alte Liebe”
- Friedrich Ani „Wie Licht schmeckt“
- Günther Wallraff „Aus der schönen neuen Welt“
- Per Petterson „Pferde stehlen“
- Tanja Kinkel „Im Schatten der Königin“ (oder auch „Die Schatten von La Rochelle“)
- E. W. Heine „Das Glasauge“ (Neue Kille Kille Geschichten)
Wer versucht, ein Muster zu erkennen: Die Mischung macht’s! Weitere Lesetipps gern auf Nachfrage.
In diesem Sinne: Ich wünsche Dir Gelassenheit für die täglichen Herausforderungen im Umgang mit Stress. Mögen meine Methoden der Achtsamkeit, Bewegung, Musizieren auch Deine Gesundheit, Zufriedenheit und Dein Selbstwertgefühl stärken.
Über Feedback und weitere Anregungen freue ich mich. Darüber hinaus lade ich Dich ein, uns beim Walk to Talk und beim EnjoyWorkCamp persönlich dazu auszutauschen.
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