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Partizipation für kluge Entschei­dungs­­pro­zesse

Schloss Tempelhof · Teil 3

aktualisiert: 26.12.2018 · Franziska Köppe | madiko

Diese stark auf Selbst­steuerung setzenden Prinzipien und Handlungs­kompetenzen der Dorf­gemein­schaft entlehnen sich unter anderem der Soziokratie. Das heißt, in alle Entscheidungs­prozesse sind alle Beteiligten eingebunden und wirken an der Umsetzung mit. Die Schloss Tempelhof-Gemeinschaft kommt dafür alle 6 Wochen zusammen.

Foto: Schloss Tempelhof: Dorfgemeinschaft
Schloss Tempelhof

Zur Vorbereitung dieser Dorfplenen finden alle 14 Tage Bewohnerplenen statt. Diese Treffen dienen dazu, Anträge daraufhin zu überprüfen, ob sie reif für eine Abstimmung im Dorfplenum sind. Sie werden in diesem Rahmen beraten und gegebenenfalls an die Antragsteller zur Verbesserung zurückgegeben.

Schloss Tempelhof: Anhören der Pro- und Kontra-Stimmen im Bewohnerplenum. Bild: copy madiko

Schloss Tempelhof: Anhören der Pro- und Kontra-Stimmen im Bewohnerplenum
[ 2017-10 madiko ]

Schloss Tempelhof: Anhören der Pro- und Kontra-Stimmen im Bewohnerplenum. Bild: copy madiko

Schloss Tempelhof: Anhören der Pro- und Kontra-Stimmen im Bewohnerplenum
[ 2017-10 madiko ]

Wenn Du, liebe Leserin, lieber Leser jetzt zurückschreckst und denkst: “Du liebe Güte, dann dauert ja alles ewig!”, kann ich bezeugen, dass dem nicht so ist. Ich war an einem der regel­mäßigen Be­woh­ner­plenen dabei und erstaunt, wie eine Vielzahl kleiner und weitreichender Entscheidungen, die die gesamte Dorf­gemein­schaft betreffen, innerhalb von 2 Stunden – mit ent­sprechen­der Vor­berei­tung – entschieden wurden.

Schloss Tempelhof: Anhören der Pro- und Kontra-Stimmen im Bewohnerplenum. Bild: copy madiko

Schloss Tempelhof: Anhören der Pro- und Kontra-Stimmen im Bewohnerplenum
[ 2017-10 madiko ]

Im 6-stufigen Konsens-Verfahren werden am Tempelhof vor allem Entscheidungen getroffen, die die gesamte Gemeinschaft betreffen: beispielsweise die Aufnahme neuer Genossen in die Gemeinschaft, Bauvorhaben am Tempelhof, Veränderungen der Organisationsstruktur, Durchführen von Großveranstaltungen oder auch Projekte, die die Solidargemeinschaft voranbringen können.

Schloss Tempelhof: Vorab kommunizierter Antrag ans Bewohnerplenum. Bild: copy madiko

Schloss Tempelhof: Vorab kommunizierter Antrag ans Bewohnerplenum
[ 2017-10 madiko ]

Schloss Tempelhof: Entscheidungsfindung im Konsens beim Bewohnerplenum. Bild: copy madiko

Schloss Tempelhof: Entscheidungsfindung im Konsens beim Bewohnerplenum
[ 2017-10 madiko ]

Ähnlich agiert man auf Projekt-Gruppen-Ebene zum Beispiel bei der Zusammen­setzung der Teams und den einzelnen Aufgaben­stellungen. Vorbereitet werden Entscheidungen mit weit­reichenden Folgen — zum Beispiel “Neubau für die Schule” oder “Veränderung der Lebens­hal­tungs­kosten” — durch eine Reihe konsul­tativer Treffen.

Schloss Tempelhof: Livedokumentation von Martina für ihre gehörlose Mitbewohnerin Annemarie beim Bewohnerplenum... Bild: copy madiko

Schloss Tempelhof: Livedokumentation von Martina für ihre gehörlose Mitbewohnerin Annemarie beim Bewohnerplenum..
[ 2017-10 madiko ]

Schloss Tempelhof: Filzschuhe Narr
2017-10 madiko

All diese demokratischen Entscheidungs­methoden setzen ein hohes Maß an persönlicher Hand­lungs­kompe­tenz der Beteiligten voraus – sowohl auf individueller als auch auf kollek­tiver Ebene. Um dies zu ermöglichen, braucht es einen geschützten, sozialen Raum für Wandelmut.

Ihre Fähigkeiten für ein kooperatives Miteinander üben die Tempelhofer unter anderem in regelmäßigen, sogenannten WIR-Prozessen, in denen das wechselseitige Sich- Kennenlernen vertieft oder zum Beispiel Konflikte geklärt werden können:

Schloss Tempelhof: Dorfgemeinschaft im Rahmen der Intensivtage. Bild: copy Schloss Tempelhof

Intensiv-Tage am Tempelhof und WIR-Prozesse
[ © 2017-10 Schloss Tempelhof ]

Wir befinden uns in einer Zeit, die von Wandel und Veränderung geprägt ist. Antworten im alten Sinne taugen nicht mehr, vielmehr der Wille und der Mut mit den offenen Fragen zu leben und sich im Sinne Rainer Maria Rilkes als Forscher in Neuland zu begeben, welches sich nur durch eine ehrliche und transparente Kommunikation erschließen lässt.

In diesem Sinne dient die Gruppe und der Gruppenkontext als Übungsfeld für eine Art radikale Subjektivität, die authentische Gemeinschaft und Verbundenheit jenseits von Erwartungen und Beurteilung erfahrbar werden lässt.

Damit der Prozess sein ganzes Potential entfalten kann, braucht es von jedem von uns eine einzigartige Mischung aus wachsender Bewusstheit, Verantwortung und Hingabe:

  • Wachsende Bewusstheit über das, was aus den Tiefen unseres Unbewussten in uns aufsteigen will.
  • Verantwortung, uns mit dem, was in uns ist, zu zeigen und einzubringen.
  • Die Fähigkeit der Hingabe braucht es, zur Annahme all dessen, was an Gefühlen, abgelehnten Gefühlen und Widerständen in uns und in anderen auftaucht.

Dies alles ohne die Einladung oder Aufforderung einer Leitfigur, eines Lehrers, oder Therapeuten.

Gemeinschaftsbildung nach Scott Peck geht davon aus, dass jeder Teilnehmer die Kompetenz von Führungs- und Leitungsqualität in sich trägt und somit Teil einer Gruppe ist. Dies wird von Scott Peck „group of all leaders“ genannt.

Lassen wir uns auf dieses Übungsfeld und seine Herausforderungen ein, erwächst uns neben der Zunahme an sozialer Kompetenz im heilsamen Umgang mit menschlichen Themen und Wandlungsprozessen auch das Vertrauen in kollektives Wissen, in emotionale Nähe und Verbundenheit und in die transformatorische Kraft einer ehrlichen und offenen Kommunikation.

Gemeinschaft Schloss Tempelhof zum WIR-Prozess

Schloss Tempelhof

Die Multimedia-Reportage im Überblick

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