Für eine Firma ist nützliche Handlungsfähigkeit überlebenswichtig. Sie entsteht aus mehrheitlich erfolgreichen Lösungen. Die wiederum basieren auf guten Entscheidungen. Gut meint hier, gleichermaßen im Sinne von Kunde und Unternehmen sowie schnellstmöglich. Letzteres verlangt, dass der zuerst angesprochene Mensch im besten Fall direkt antwortet. So verkettet, erscheint es nur logisch, möglichst viele Entschlüsse in der Peripherie zu fassen.
Die Krux mit der Zentrale
Es bedarf jedoch nur eines Blickes auf einen Verkehrsstau … um zu erkennen, dass die Beseitigung einer zentralen Dienststelle für sich allein noch kein Patentrezept ist. … Ameisen müssen gar nichts Besonderes tun, um Kolonien zu bilden. Sie sind dazu genetisch programmiert. Für Menschen gilt das jedoch nicht. Eine genuine, erfolgreiche Dezentralisierung ist schwer zu bewerkstelligen, ebenso schwer in Gang zu halten und mündet leicht in Desorganisation.
James Surowiecki
Journalist
zitiert aus Die Weisheit der Vielen
Ein Puzzlestein zum Erfolg
Kann eine Firma Alltags-, Struktur- und Strategie-Entscheide auseinanderhalten, ist sie einen guten Schritt weiter, hin zu einer nützlichen Dezentralisierung. In der Randzone beschließt man sinnvollerweise vornehmlich alltägliche und gegebenenfalls kleinere strukturelle Themen. Strategie sollte weiterhin über zentrale Wege wandern. Wie das vernünftig in Gruppe geht, ist eine andere Geschichte. Hier will ich auf die Unterscheidungsfähigkeit der Organisation eingehen.
Wie erkenne ich Strukturprobleme und wie gehe ich damit um?
Probleme treten im Alltag auf und benötigen dann sofort oder zeitnah eine Entscheidung. Beispielsweise fehlt eine notwendige Angabe im Bestellformular. Der Innendienstler ruft dem Kunden an und klärt die fehlende Information. Problem gelöst!
Passiert das einmal im Monat oder seltener, bleibt es ein Alltagsproblem, das genauso dezentral zu lösen ist. Häuft sich das Problem, weil es mehr Besteller gibt, ein Kunde immer dieselbe Info vergisst oder ähnliches, entwickelt es sich weiter. Es wird zu einem Strukturproblem und das braucht eine strukturell überdachte Lösung.

Gebhard Borck: Entscheidungsdesign - Unterscheidung von Alltag, Struktur und Strategie für gute Entscheidungen.
[ 2015
Gebhard Borck ]
Für Strukturlösungen sollten wir typischerweise verschiedene Menschen aus unterschiedlichen Bereichen zusammensetzen. So steuern Bestellformulare regelmäßig produktive, kaufmännische und materialwirtschaftliche Prozesse. Für den Kunden ist dabei die technische oder wirtschaftliche Information maßgeblich. Nur dort achtet er auf korrekte Daten. So kommt es dazu, dass Angaben falsch sind oder ganz fehlen. Diese Mängel muss unsere Firma ausgleichen.
Eine strukturelle Lösung in der Bestell-Thematik ruft schnell Mitarbeiter aus dem Service, dem Außendienst, dem Innendienst; der Produktion, des Einkaufs und der Geschäftsleitung auf den Plan. Ihnen obliegt es, zusammen eine für alle gangbare und abgestimmte Antwort zu erarbeiten und umzusetzen. Das erscheint im ersten Moment sehr aufwändig. Deshalb vermissen viele Unternehmen in etlichen Abläufen gute strukturelle Verfahren.
Anspruch ist, die Häufigkeit der sich wiederholenden Alltagsprobleme deutlich zu reduzieren. Gelingt die Entlastung, bleiben die Rückrufe aus.
Wann wird es strategisch?
Erkennt man, dass erst ganz neue Strukturen, Technologien, Prozesse das Problem im Alltag dauerhaft lösen können, spreche ich von Strategie.
Strategische Aufgaben unterscheiden sich von strukturellen im Grad der Unsicherheit. Während sich das Eine in vollkommen unbekanntes Terrain begibt, arbeitet das Andere an der Verbesserung des Bestehenden.
Praxisrelevanz
Wie sehr Du unter einer unbefriedigenden Unterscheidung zwischen Alltag, Struktur und Strategie leidest, kannst Du in Deinem Alltag überprüfen. Zähle einfach, wie oft Deine Organisation die gleichen oder ähnliche „kleine“ Probleme immer und immer wieder aufs Neue löst, obwohl sie doch nur ein bisschen Mitdenken, Aufmerksamkeit oder Hingabe von eine/r KollegIn erfordern würden.
Vermutlich könntest Du bis zu 80% dieser Alltags-Themen dauerhaft auf der Struktur- oder Strategieebene auflösen.
Es sich vorzustellen ist einfach, wenn man es nur versucht …
Gebhard Borck
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