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Wandlungen brauchen Orte für Studium, Symposien, Workshops, künstlerische Experimente, Rückzug und meditative Stille. Unser Traum ist ein ganzheitliches achtsames Miteinander, individuell und gemeinsam – in Aktivität und Stille, im Zusammenleben, Arbeiten und Feiern.

Agnes Schuster

Gründerin und Genossin der Gemeinschaft Tempelhof

[ Foto: Schloss Tempelhof ]

Solidargemeinschaft – eine Schule des Lebens und Arbeitens

Die Zukunfts­werkstatt Tempelhof versteht sich als Pionier für viele anstehende gesell­schaft­liche Prozesse der Neu­orien­tie­rung. Das Besondere hier ist jedoch: Es geschieht in einem natürlichen Prozess aus Alltag und Tages­geschäft heraus. So, wie es die Gemeinschaft braucht. Um es deutlicher zu sagen: Keine aufgesetzten “Change-Projekte”, sondern an den konkreten Fragen, die ihnen das Leben und Arbeiten stellt. Nur zwei der vielfältigen Beispiele, die mir bei meinem Besuch und in der Recherche begegneten: Architekten und Baumeister einer ganz besonderen Art ;-)

Die Prozessarchitektin

Schloss Tempelhof: Prozessarchitektin Dr. MarieLuise Stiefel in ihrer Küche. Bild: copy madiko

Schloss Tempelhof: Prozessarchitektin Dr. MarieLuise Stiefel in ihrer Küche
[ 2017-10 madiko ]

Franziska

MarieLuise, als Freiberuflerin nennst Du Dich Prozessarchitektin. Wer bist Du und was machst Du am Schloss Tempelhof?

MarieLuise

Ich lebe seit gut 6 Jahren am Tempelhof. Ich bin hier her gekommen, weil die Vision und das Projekt größer waren als mein Traum. Als ich das entdeckte, war mir klar: Ich muss hier­her, das ist mein Platz. Also brach ich zu meinem 60. Geburtstag meine Zelte in Stuttgart ab und zog nach Kreßberg um. Seither habe ich ziemlich viel gemacht. Das ist eines der Merk­male am Tempelhof. Hier kann ich alles, was ich je im Leben gelernt habe, einbringen.

Was ich gut kann, ist Strukturen zu entwickeln und aufzubauen. Das war in der Anfangs­phase am Tempelhof mit das Wichtigste. Ich war immer dabei, wenn es um die Weiter­ent­wicklung unserer Organisations­struktur ging. Ich habe die Gasthelfer-Betreuung mit aufgebaut. Dann war ich von Anfang an im Vorstand vom Verein. Ich übernahm die Projekt­leitung für die Gründung der freien Schule. Zuletzt war ich 1 Jahr personalverantwortliche Vorstandsfrau in der Genossenschaft.

Momentan habe ich keine verantwortliche Funktion. Das ist so bewusst gewählt. Ich habe mir letztes Jahr eine Auszeit genommen. 10 Wochen ganz unverzweckte Zeit. Ich war auf Hawaii, und habe gesagt, wenn ich zurückkomme, dann will ich als meinen Gemeinschaftsdienst Klos putzen. Das war von mir bewusst *lacht gewählt. Ich will jetzt einfach mal ausprobieren, wie ist das hier am Platz, wenn ich “niemand” bin, einfach nur Mensch.

Also auf Deine Frage ‘Wer bist du?’, würde ich sagen: Im Moment gerade so etwas wie ein Niemand *lacht, mit nichts im Außen identifizierbar.

Franziska

Wie fühlt sich das für Dich an?
 

MarieLuise

Total gut. Zum ersten Mal im Leben geht es darum: Was will ich eigentlich? Ich habe mich immer in den Dienst einer Aufgabe gestellt. Schon nur Aufgaben, die mir Sinn machen. Aber jetzt frage ich zu allererst, was möchte ich?

Und zwar nicht in einem egoistischen Sinne, sondern – ich kann gar nicht anders – in Gemeinschaft gedacht. Was ist das, was mir ein Anliegen ist und was auch der Gemeinschaft dient? Und ich will das nicht mehr vom Kopf her machen, sondern einfach warten, bis es sich aus dem Nichtwissen heraus zeigt.

Schloss Tempelhof: Dr. MarieLuise Stiefel beim Bewohnerplenum. Bild: copy madiko

Schloss Tempelhof: Dr. MarieLuise Stiefel beim Bewohnerplenum
[ 2017-10 madiko ]

Schloss Tempelhof: Dr. MarieLuise Stiefel beim Bewohnerplenum. Bild: copy madiko

Schloss Tempelhof: Dr. MarieLuise Stiefel beim Bewohnerplenum
[ 2017-10 madiko ]

Experimentelle Architekten und nachhaltige Baumeister

Zu den Architekten und Baumeistern der Solidargemeinschaft gehört auch eine Gruppe von Menschen am Tempelhof, die sich dem experimentellen Wohnen und nachhaltig Bauen widmen: das Earthship-Team.

Schloss Tempelhof: Earthship-Team. Bild: copy Schloss Tempelhof

Schloss Tempelhof: Earthship-Team
[ 2017-10 Schloss Tempelhof ]

Das Earthship ist nicht nur eine Haushülle. Es ist unser Wunsch, mit Hilfe seiner Art eine neuartige Lebensform in Gemeinschaft, echte, enge Begegnung der Menschen untereinander zu ermöglichen. Wo suchen wir unsere individuelle Autonomie, an welcher Stelle kommt „Gemeinschaft“ zum Tragen?

Das Earthship bietet Schutz-, Beziehungs- und Lebensraum. Verfolgen wir konsequent die Frage, wo die eigenen wirklichen Grundbedürfnisse liegen, was im Leben wirklich wichtig ist, erahnen wir den Schluss: Wollen wir wirklich Verantwortung für uns und unsere Nachkommen, die Welt übernehmen, müssen wir bei uns selbst und unserem Lebensstil anfangen. Und dieses Haus könnte ein erster Schritt sein.

Earthship-Team

Schloss Tempelhof

Schloss Tempelhof: Experimentelles Wohnen / Infotafel zum Earthship am Ortseingang. Bild: copy madiko

Schloss Tempelhof: Experimentelles Wohnen / Infotafel zum Earthship am Ortseingang
[ 2017-10 madiko ]

Das “Earthship” ist mithin ein handfestes Reallabor für experimentelles Bauen. Im Ent­stehungs­pro­zess erlebten die Bauherren und heutigen Bewohner des “Erdschiffes” permanente Span­nungs­fel­der: Verwenden lokal verfügbarer Natur­materialien mit geringerer Lebensdauer oder geringerer Funktionalität versus einfach zu verbauende, kostengünstigere Materialien mit hohen Qualitätseigenschaften aber wenig Nachhaltigkeit? Oder standardisierter High-Tech versus Re- und Upcyclingmaterialien? Sie prüften kritisch, welche Ressourcen in welchem Ausmaß sie nutzen wollen und wie viel Raum ihnen zusteht.

Schloss Tempelhof: Earthship und mobiles Wohnen am Schloss Tempelhof. Bild: copy madiko

Schloss Tempelhof: Earthship und mobiles Wohnen am Schloss Tempelhof
[ 2017-10 madiko ]

Nach einem Jahr der Planung, arbeiteten von Ende September 2015 bis Mitte 2016 60 Helfer aus 17 Nationen an diesem außergewöhnlichen Bau. Auf 170 qm Grundfläche bietet das Earthship heute Wohn- und Esszimmer, eine Küche, Sanitärräume für bis zu 25 Menschen. Der besondere Clou: ein integriertes Gewächshaus, in dem Nutzpflanzen wachsen, sorgt für ein natürliches Klima.

Mobile Bauten und Zirkuswägen ergänzen das Wohnexperiment mit individuellem Wohnraum. Sie sind auf das Wesentliche reduziert: konsequent ökologisch, transportabel, langlebig, regional und mit Liebe von Hand gefertigt.

Schloss Tempelhof: Earthship und mobiles Wohnen am Schloss Tempelhof / Tag der offenen Tür. Bild: copy Schloss Tempelhof

Schloss Tempelhof: Earthship und mobiles Wohnen am Schloss Tempelhof / Tag der offenen Tür
[ 2017-10 Schloss Tempelhof ]

Ulrike Nehrbaß vom SWR hat sich für natürlich! den Hausbau aus “Müll”, wie sie es nennt, näher angeschaut und dabei selbst kräftig mit angepackt:

Schloss Tempelhof

Die Multimedia-Reportage im Überblick

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