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Gesund, kreativ, motiviert – Mit dem Fahrrad zur Arbeit

FAHRRADkultur im betrieblichen Gesundheits- und Mobilitätsmanagement

aktualisiert: 14.04.2019 · Franziska Köppe | madiko

Gesundheit und Wohlbefinden sind die Basis, auf der wir leben. Wir spüren dies deutlich, wenn wir mit Einschränkungen zurechtkommen müssen. Genauso wertvoll ist uns heute Zeit. Sie verfliegt schnell und will sinnvoll genutzt sein. Insofern sind Optionen interessant, bei denen wir beides miteinander in Einklang bringen können. Fahren wir mit dem Rad ins Büro, in die Werkstatt und zum Kunden, haben wir ein Fitness- und Erholungsprogramm pragmatisch in den Alltag integriert. Idealerweise bekommen wir dabei Rückenwind von unserem persönlichen Umfeld, zum Beispiel unserem Arbeitgeber.

Foto: Alltagsradler
madiko / Foto: olaser

Menschen, die ihren Beruf mit Freude ausüben, sind nicht nur produktiv – sie sind findig. Mit Herausforderungen gehen sie kreativ um. Sie sind stress-resitent und gelassener. Sie streben nach effizienten Prozessen, verbessern den Service und leisten ihren Beitrag zum Unternehmenserfolg aus einer hohen inneren Motivation heraus.

Die Basis für diese Energie für die Arbeit liegt im Wohlfühlen im eigenen Körper. Die individuelle Vitalität hat direkte Auswirkungen auf die Schaffenskraft. Wann fühlen sich Mitarbeiter am Arbeitsplatz wohl? Nun, dazu tragen nicht nur Ergonomie, Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit bei, sondern auch das Arbeitsklima, Führungskultur und Wertschätzung.

Gesundheit ist das Synonym für ein gutes Leben. Als zentrales Lebensziel hat sich der Megatrend tief in das Bewusstsein, die Kultur und das Selbstverständnis von Gesellschaften eingeschrieben und prägt sämtliche Lebensbereiche. Gesundheit und Zufriedenheit sind dabei kaum noch voneinander zu trennen. Mit selbstständig erworbenem Wissen treten Menschen dem Gesundheitssystem auf Augenhöhe gegenüber und stellen neue Erwartungen an Unternehmen und Infrastrukturen: Gesundheitsbewusste Menschen wollen sich in gesundheitsfördernden Lebenswelten bewegen und fordern dies als neuen Normalzustand ein.

Zukunftsinstitut GmbH

Die Selbstwirksamkeit und Selbststeuerung der Menschen in und um den Betrieb in diesem Sinne zu fördern, ist auf verschiedenste Weise möglich. Wie in vielen Bereichen rund um individuelle Freiheit, Nachhaltigkeit, Humanismus und Aufklärung können schon mit einzelnen, einfachen Maßnahmen Veränderungen angestoßen werden.

Aller Anfang ist nicht schwer

Mir liegt dabei das Thema Fahrradfreundlichkeit besonders am Herzen. Hier Beispiele für Maßnahmen und Aktionen, wie Mitarbeiter zu Alltagsradlern beflügelt werden:

  • Im Intranet Informationen für RadfahrerInnen anbieten (zum Beispiel mit Fahrrad-Kaufberatung, den steuerlich geförderten Leasing-Angeboten, einem virtuellen “Schwarzen Brett” der “Rad-Initiativen” sowie einer Linksammlung mit nützlichen Tipps).
  • Persönliche und virtuelle Vernetzung der RadlerInnen im Unternehmen fördern, beispielsweise in Form eines organisierten Radler-Frühstücks / Radler-Vesper und entsprechende Listen in den unternehmensinternen Adressbüchern.
  • Bei Aktionen wie “Mit dem Rad zur Arbeit” oder auch “Stadtradeln” mitmachen, wobei spielerisch der Ehrgeiz der Mitarbeiter*innen gefördert wird und eine Belohnung winkt
  • Sommerausflug der Abteilung(en) mit dem Fahrrad organisieren.
  • Fahrrad-Notfall-Ausrüstung zur Verfügung stellen: Flickzeug, Luftpumpen usw. (Wer etwas entnommen hat, ersetzt es wieder. Eine Gruppe Verantwortlicher prüft in regelmäßigen Abständen auf Vollständigkeit.)
  • Sicherheitsprüfungen, Rad-Codierung und Reparaturen für Fahrräder anbieten (z. B. als Aktionstag/e)
  • Radfahren auf dem Betriebsgelände erlauben.
  • Fortbildungen organisieren – idealerweise angeboten in Kooperation von externen mit eigenen Mitarbeitern (z. B. Pflege und Wartung fürs Rad, Ergonomieberatung, Rad fahren für Erwachsene, Auffrischung der StVO-Regeln usw.)
  • Aktive RadlerInnen in unternehmensinternen Medien porträtieren. Auf diese Weise wird gleichzeitig eine Vertrauenskultur und gegenseitige Wertschätzung für die Arbeit des Einzelnen gefördert. Zusätzlicher Bonus für die Community: Das ist eine schöne Sache für den Corporate Blog und Social Media.
  • Radroutenplanung mit guter Anbindung an das Radverkehrsnetz in Kooperation von externen Beratern und eigenen Mitarbeitern sowie Geschäftsfreunden im selben Gewerbegebiet initiieren.
Alltagsradler: Befreundete Kollegen #MitDemRadZurArbeit. Bild: copy Franziska Köppe | madiko / Foto: Franziska Werner

Alltagsradler: Befreundete Kollegen #MitDemRadZurArbeit
[ 2019-04 Franziska Köppe | madiko / Foto: Franziska Werner ]

Viele der Aktionen sind mit wenig Aufwand schnell zu realisieren. Gleichwohl können insbesondere die mittel- bis langfristig angelegten Aktionen die Mobilitätswende bewirken. Unter den begeisterten Alltagsradlern im Unternehmen die Ideengeber, Mitstreiter und ersten aktiven Nutzer zu finden, ist leicht – sofern sie von Anfang an in die Aktionen einbezogen werden und aktiv mitgestalten können. Viele Maßnahmen werden so zum Selbstläufer, gewinnen an Umsetzungsenergie.

Spätestens aus den ersten Erfolgen finanziert, werden dann die – unter Umständen nötigen – Investitionen in die betriebliche Fahrrad-Infrastruktur mit vereinten Kräften entwickelt und realisiert. Beispielsweise:

  • Überdachte und sichere Abstell-Anlagen für Fahrräder.
  • Umkleidemöglichkeiten und idealerweise Garderoben mit Dusche und Trockenräumen.
  • Sicherer und komfortabler Zugang zum Betriebsgelände auch für Radler.

Dabei empfehle ich, nicht einseitig die Kosten, sondern vor allem das Einsparungspotenzial in der Betriebskasse und die Mehrerlöse der “Nebenwirkungen” in die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung einzubeziehen:

Wirtschaftlicher, sozialer
und ökologischer Nutzen

… von Fahrradfreundlichkeit

Die „Nebenwirkungen“ von FAHRRADkultur-Aktionen beeinflussen den langfristigen Unternehmenserfolg. Insbesondere vor dem Hintergrund der demografischen und ökologischen Entwicklung lohnt es sich, sich mit Fahrradfreundlichkeit im Rahmen des betrieblichen Mobilitäts- und Gesundheitsmanagements zu beschäftigen.

Auf Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems, psychische Erkrankungen sowie Erkrankungen des Atmungssystems entfielen 2017 mehr als die Hälfte (53,9 Prozent) aller Krankheitstage:
  • Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems lagen mit 326,9 Arbeitsunfähigkeitstagen pro 100 Versichertenjahre nach wie vor an der Spitze aller Krankheitsarten. Im Vorjahr entfielen mit rund 319,5 Tagen etwas weniger Erkrankungstage auf diese Diagnose.
  • Psychische Erkrankungen lagen mit einem Anteil von rund 16,7 Prozent hinsichtlich ihrer Bedeutung für den Krankenstand wieder an zweiter Stelle. Im Vergleich zum Vorjahr gab es hier einen leichten Anstieg der Anzahl der Arbeitsunfähigkeitstage (von 246,2 auf 249,9 Tage pro 100 Versichertenjahre). Bei der Fallhäufigkeit ist ebenfalls ein Anstieg zu verzeichnen (von 6,5 auf 7,0 Fälle pro 100 Versichertenjahre).
  • Atemwegserkrankungen verursachten 15,4 Prozent des Krankenstandes. 2017 gab es aufgrund von Atemwegserkrankungen 35,3 Erkrankungsfälle und 230,4 Arbeitsunfähigkeitstage pro 100 Versichertenjahre. Das ist deutlich mehr als noch im Vorjahr (2016: 211,6 AU-Tage).

DAK-Gesundheit

Die meisten Menschen sitzen oder stehen heute hauptsächlich während der Arbeitszeit. Nehmen sie noch das Auto in den Betrieb, sitzen sie schon wieder und stehen im Stau. Die Folge sind Zivilisationskrankheiten wie Übergewicht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Um diesen Krankheiten effektiv entgegenzuwirken, reicht es laut Weltgesundheitsorganisation WHO aus, 5 Mal pro Woche je 30 Minuten Radfahren – auch aufgeteilt in kürzere Einheiten. Das schaffen die meisten locker durch den Arbeitsweg. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass mit ein wenig Routine und Regelmäßigkeit nicht mehr schwerfällt. Im Gegenteil: Schnell sehnt sich der Körper nach der Bewegung. Und dann ist es nur noch eine Frage: Was ziehe ich heute geschickterweise Schönes an?

Tweed Run Stuttgart 2014. Bild: copy Franziska Köppe | madiko

Tweed Run Stuttgart 2014
[ 2014-05 Franziska Köppe | madiko ]

Unternehmerisch betrachtet sind viele der Maßnahmen zur Förderung von Fahrradfreundlichkeit mit geringen Kosten zu realisieren. Sie amortisieren sich schnell und entfalten mit der Zeit einen großen wirtschaftlichen Vorteil. Nur ein paar der relevanten Zahlen, Daten und Fakten1:

  • Zufriedene, motivierte Mitarbeiter*innen können bis zu 45% mehr Innovationskraft erreichen.
  • Die Qualität der Ergebnisse steigt, je höher die emotionale Bindung an das Unternehmen ist: Durchschnittlich 41% Qualitätssteigerung und dadurch 10% zufriedenere Kunden.
  • Bei einem mittelständischen Betrieb mit 500 engagierten Betriebsangehörigen steckt in einer höheren Arbeitszufriedenheit das Potenzial für einen Mehrgewinn in Höhe von 260.000 Euro jährlich.
  • Weniger Arbeitsunfälle und Krankheitstage. Studien ergaben, dass in fahrradfreundlichen Unternehmen ein Krankheitstag pro Mitarbeiter jährlich weniger zu Buche schlägt…
  • … wodurch sich ebenso die Kosten für eine Entgeldfortzahlung senken lassen: 63% der Kosten konnten laut AOK-Studie bei den 46 teilnehmenden Firmen erreicht werden.
  • Mehr emotionale Bindung bedeutet weniger Fluktuation – wodurch der enorme Wissensschwund im Unternehmen und Folgekosten durch Einarbeitungszeiten deutlich reduziert werden können.
  • Verbesserte Kommunikation und das Gefühl von Zusammengehörigkeit in der Firma – ein Wert in sich – …
  • … was zwangsläufig zu mehr Zeit für die Umsetzung von Projekten, für Geschäftspartner und Kunden durch weniger interne „Reibungsverluste“ führt und so die Motivation noch einmal steigert.
  • Sehr hohes Einsparungspotenzial in der betrieblichen Infrastruktur, angefangen vom Platzbedarf bis hin zu Spritkosten und Kosten für CO2-Zertifikate.
  • Viele positive Gewinne in der Gemeinwohl-Bilanz des Unternehmens.

Fahrrad­freundlichkeit –
ein wertvoller Beitrag im betrieb­lichen Gesund­heits- und Mobilitäts­management

Die Fahrrad-Freundlichkeit des eigenen Unternehmens näher in Augenschein zu nehmen, ist also eine lohnenswerte Maßnahme im betrieblichen Gesundheits- und Mobilitätsmanagement. Mit FAHRRADkultur-Aktionen kann dem persönlichen Engagement des Einzelnen Wertschätzung entgegengebracht werden. Fördern wir Radler*innen, wird die Belegschaft gesünder.

Mit Rückenwind für Radkultur: Eine eigene betriebliche Rad-Infrastruktur aufbauen. Diensträder in den Fuhrpark aufnehmen. Mitarbeitern Leasing für ihr Rad anbieten. Dies alles lohnt sich wirtschaftlich. Schon um die Kosten für die betriebliche Mobilität langfristig zu senken. Selbst wenn auch nur ein Teil der Belegschaft die Maßnahmen annimmt – alle profitieren im Endeffekt davon.

In zahlreichen Städten werden aktuell zudem auch von Bund und Kommunen Anschaffung und Betrieb von Cargo-Bikes gefördert. So fördert beispielsweise das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle im Rahmen seines Engagements für die Energiewende Lastenfahrräder. Im Rahmen der Kleinserien-Richtlinie sind Investitionen in E-Schwerlastenfahrräder und Schwerlastenanhänger mit elektrischer Antriebsunterstützung für den fahrradgebundenen Lastenverkehr förderfähig.

Mitarbeiter NaturWerk Berlin beim Beladen des betrieblichen Lastenrads. Bild: copy VCD | NaturWerk Berlin / Foto: Kay Straßer

Mitarbeiter NaturWerk Berlin beim Beladen des betrieblichen Lastenrads
[ VCD | NaturWerk Berlin / Foto: Kay Straßer ]

Ich wünsche viel Freude an der Umsetzung dieser Ideen und stehe bei Fragen gern mit Rat und Tat zur Seite. Zudem laufen die Vorbereitungen für unseren EnjoyWork Marktplatz, auf dem ich die verschiedenen Akteure pro FAHRRADkultur vorstellen und Euch zusammenbringen werde – angefangen von unternehmensnahen Dienstleistungen bis hin zu den Herstellern und Händlern, die KMU in Fahrradfreundlichkeit unterstützen. Vorschläge, Anregungen und Fragen dazu sind ebenfalls herzlich willkommen. Bitte nimm mit mir Kontakt auf oder buche direkt einen Termin in meinem Kalender.

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