Uwe
Nehmen wir an, ein Dienstleister oder Partner verhält sich innerhab des Arbeitszusammenhangs nicht mehr so, wie wir es vereinbart haben. Zum Beispiel jemand, der sich über Jahre noch den Anti-Mengen-Rabatt auszahlen lässt, obwohl er ihn nicht mehr braucht, weil die Mengen groß genug geworden sind. Oder jemand, der in die Gebiete eines anderen Händlers wildert, obwohl wir vereinbart haben, dass es Gebiete gibt und wir uns diesbezüglich gegenseitig respektieren.
Über die Jahre habe ich mir eine Verhandlungstaktik angeeignet. Formal wäre es ja leicht, zum direktiven Geschäftsführer zu werden. Genau das will ich jedoch vermeiden. Also habe ich mir eine 3-Schritt-Taktik angewöhnt:
· Schritt 1 ·
Die Hand reichen und
ins Gespräch gehen
Uwe
Als Erstes fahre ich zu dieser Person persönlich hin. Ich lege physisch meine Hände auf den Tisch und sage “Wir haben die und die Sorgen mit Euch. Das und das gefällt uns in der Zusammenarbeit nicht. Erzählt doch mal, warum das bei Euch so ist. Ihr habt ja gute Gründe dafür. Wir wollen das lösen.”
Die Botschaft ist: Wir reichen die Hände. Erzählt erst mal. Kommt erst mal. Wir wollen Euren Bedarf aufnehmen. Das ist sehr oft schon die Lösung für Probleme. Es gibt fast immer eine Begründung, warum sich jemand anders verhält. Manchmal lässt sich das leichter abstellen. Manchmal schwieriger. Das ist häufig jedoch der erste Schritt, wie wir das Problem lösen können.
Dann kommt es relativ selten vor, dass die andere Seite nicht lösen will. Weil sie zum Beispiel konsequent ihren eigenen Gewinn verfolgt. Das gibt es in der Getränkewelt bei unseren Händlern eher selten. Doch es gibt durchaus Unternehmer, die so agieren. Da ist zum Teil ein längerer – teils über Monate andauernder Diskussionsprozess. Wir versuchen herauszufinden, ob die Gründe, die er nennt oder die er vielleicht nur vorschiebt doch begründet sein könnten.
Wir prüfen, ob es nicht doch sinnvoll ist, was er da macht. Ob wir vielleicht auch in unserer Denke falsch liegen. Ob wir einen anderen Weg finden müssen als wir das bisher getan haben. Das heißt, wir stellen uns selbst in Frage und hinterfragen aber auch seine Beweggründe.
· Schritt 2 ·
Eine Hand hochheben und
Alternativen vorschlagen
Uwe
Wenn diese Gespräche nicht fruchten und wir zu keiner anderen Meinung kommen – nehme ich im nächsten Gespräch die Hand hoch und sage “Wir verstehen das nicht. Wir haben jetzt mal einen Lieferweg an Dir vorbei gebaut. Oder vorbereitet. Und wir könnten ohne Dich arbeiten. Wir könnten wo anders produzieren. Wir könnten wo anders die Etiketten einkaufen. Aber eigentlich wollen wir das nicht. Wir wollen nach wie vor lösen.”
Spätestens dann hat man sie so gut wie alle. Ich mache schon die Erfahrung, dass manche – speziell ältere Herrschaften, die lange in der Branche sind – unseren Ansatz ein bisschen belächeln, uns nicht ganz für voll nehmen. Spätestens in Stufe zwei wird ihnen deutlich, ok wir haben eine Alternative vorbereitet. Das heißt, wir könnten jetzt gewechselt haben, sind aber immer noch offen um zu lösen. Auch das wird manchmal als Schwäche ausgelegt, doch unsere Aussage ist dann deutlich.
· Schritt 3 ·
Auch die zweite Hand heben und
die Zusammenarbeit beenden
Uwe
Ein ganz kleiner Prozentsatz ist dann immer noch nicht einzufangen. Sie wollen auch nach zig Gesprächen noch nicht lösen. Dann hebe ich die zweite Hand und sage: “Es tut mir leid. Wir haben das jetzt zehn Monate lang diskutiert. Wir finden offensichtlich keinen Weg. Sie haben ganz andere Vorstellungen als wir sie haben. Wir haben es wirklich versucht. Wir sind nach wie vor lösungsbereit – wenn sie wollen. Ansonsten können wir nicht mehr miteinander zusammenarbeiten.” Wir heben sozusagen beide Hände und stellen die Zusammenarbeit ein.
Das gab es bei Händlern zum Beispiel zwei Mal in über zwölf Jahren. Das ist sehr selten. Das ist deswegen auch so selten, weil wir diese Art der Moderation, der Gesprächsführung, des Lösen Wollens und des Umgangs miteinander haben.
Ich bin sicher, dass wenn ich von vornherein mit einer erhobenen Hand in das Krisengesrpräch gehen würde, quasi wie mit einer Ohrfeige “Mach was ich will, oder wir wechseln.” – würde das nicht so gut funktionieren.
Das Gespräch führte das Augenhöhe Film und Dialog.
Vielen Dank an Silke Luinstra, Daniel Trebien, Sven Franke, Philipp Hansen und Ulf Brandes, die uns das Material zur Verfügung stellten.
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